Es war einmal…
…eine New Yorker Sexkolumnistin, die gemeinsam mit drei Freundinnen das Rezept guter Beziehungen sucht und sich dabei auf zynische Weise mit der Datingszene auseinandersetzt. Zunächst alleinstehend und mit völlig unterschiedlichen Einstellungen finden alle vier Frauen schließlich ihr Glück: Als unabhängige PR-Agentin, als erfolgreiche Juristin, als hoffnungslose Romantikerin, oder als Prinzessin mit der lange gesuchten großen Liebe. Allen dabei gemeinsam: Der Sex. And the City.
Doch was passiert eigentlich danach?!?
…fragte ich mich noch nicht, als ich damals mit meinem Mann beschloss, das Abenteuer Familie anzugehen und schwanger wurde. Zusammen mit vielen Frauen in unserer City hatte ich nicht nur erfolgreich Sex gehabt sondern scheinbar auch mein Rezept guter Beziehungen gefunden. Ich fühlte mich gleichermaßen als unabhängige Frau, die erfolgreich im Berfsleben war, Romantik im Alltag genoss und die große Liebe gefunden hatte. Wir hatten ebenfalls: Sex. In the City.
Und neun Monate später kamen dann die Kinder zur Welt: Fabian, Maria, Lukas und Johannes, Vincent, Paul und wie sie alle heißen. Und meine wundervolle kleine Minidame. Wenn man so weit kommt, hören die Probleme auf, richtig? Denn alles Suchen und Zweifeln hat ein Ende, nachdem so erfolgreich alle Fragen über Beziehungen beantwortet und das Selbstwertgefühl aufpoliert waren.
Falsch.
Die Geburt war die bis dahin anstrengendste und wundervollste Erfahrung meines Lebens. Und mit ihr wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen, das alle Sicherheiten auf Null reduzierte und 1000 neue Fragen aufkatapultierte. Man kennt Mütter, natürlich. Nicht zuletzt hat doch jeder von uns selbst eine. Aber was tun, wenn die Muttergefühle einen überrollen? Das Leben eines Winzlings meinen Schlaf und meine Unabhängigkeit einfordern? Der Mann arbeiten geht und man sich am Ende jeden Tages die Frage stellt: Was habe ich heute eigentlich gemacht? Ist das nicht ein Rückschritt, der uns nach allem Erfolg unweigerlich in die Rolle der abhängigen Hausfrau zurückwirft?
Während mich die einfachsten Aufgaben des Alltags zu überfordern drohten, die Beziehung zu meinem Mann und zu mir selbst eine neue Dimension erreichte und ich in diesen ersten zehn Wochen meines Muttertums verzweifelt nach Routinen suchte, kam ich nicht umhin mich zu fragen:
Was ist eigentlich die größte Herausforderung einer „modernen Mutter“?
Mit den Ladies aus Sex and the City ist uns allenfalls noch gemeinsam, dass wir uns wöchentlich zum Frühstück treffen und uns über die „Szene“ austauschen. Montagmorgen bei mir:
Lotte schlürft vorsichtig an ihrem laktosefreien, entkoffeinierten Kaffee während sie Klein-Fabian liebevoll über die eingecremte Kopfhaut streicht. Leise erklärt sie: „Ich bin sehr gerne Mutter. Aber es kann so viel schief gehen! – meine stundenlangen Recherchen in Internetforen helfen da nicht weiter… Ist es nicht die schrecklichste Vorstellung, dass meinem Kind etwas zustößt oder ich etwas falsch mache? Für mich ist die größte Herausforderung, alles daran zu setzen, dem Kind jegliches Leid zu ersparen.“
Melli beißt in ihr drittes Brötchen, checkt den Zustand der schlafenden Tochter Maria auf der Krabbeldecke und lädt sich ein Stück Kuchen auf. „Meine Maus ist so ruhig, manchmal vergesse ich, dass sie da ist. Glücklicherweise kann ich sie einfach bei Mirko oder meiner Mutter zu Hause lassen und Mountain-Biken gehen. Wieviel habt ihr eigentlich nach der Geburt zugenommen? Im Vergleich zu vor der Schwangerschaft meine ich? Bei mir müssen noch ein paar Kilos runter. Ich hoffe, die Rückbildung hilft da!“
Sandra hüpft im Sekundentakt von ihren Zwillingen Johannes und Lukas auf dem Boden an den Frühstückstisch und leert die zweite Tasse Kaffee ohne abzusetzen: „Ach, ich habe keinen Rückbildungskurs gemacht. War nicht nötig. Ich hab den Kaiserschnitt prima weggesteckt. Sagte auch die Hebamme. Meine Jungs schlafen schon acht Stunden durch übrigens! Ab nächsten Monat ist Chris dann zu Hause und in neun Wochen beginne ich wieder Vollzeit zu arbeiten. Wo ich tätig bin? Im Management. Hat eigentlich jemand Lust, am Freitag Abend den neuen Bond im Kino zu sehen? Die Männer können ruhig auch mal nach den Kleinen schauen!“
Ich blicke auf mein Frühstücksei und denke an meine Oma. Die kannte weder Internet noch einen Rückbildungskurs und zog ihrer Zeit dennoch vier Kinder groß. Ganz ohne Hilfe von James Bond. Innerlich seufze ich. Ich wünschte mir, meine innere Ruhe wieder zu finden und meine neue Rolle ohne zu Hadern akzeptieren zu können. Die größte Herausforderung? Jede einzelne Sekunde zu genießen. Denn was meine Oma weiß ist: Iegendwie geht dann doch alles viel zu schnell vorbei.